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Ontwerpbeschikking Urenco 2005

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Bonn, Gronau, 22. März 2005

Kein Ausbau und Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage in Almelo

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen die beantragte Erweiterung der Urananreicherungsanlage Almelo erhebt der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V. hiermit ergänzend zu seinem Sammeleinwand EINSPRUCH. Durch die Pläne sieht der BBU Gefahren für die Bevölkerung in den Niederlanden, aber auch in der Bundesrepublik Deutschland, z. B. durch Urantransporte, aber auch durch Niedrigstrahlung und denkbare Störfälle.

Zur allgemeinen Begründung

In den Niederlanden wurde nach unseren Informationen auf Grund von Sicherheitsbedenken und möglichem Missbrauch von Kernbrennstoffen die Beendigung der Atomenergienutzung beschlossen. Die Urananreicherungsanlage Almelo ist Teil der Atomenergienutzung. Eine Genehmigung des Antrags der Urenco würde eine drastische Erhöhung des Gefahrenpotentials am Standort Almelo, aber auch anderswo, bedeuten. Daher ist die Genehmigung zu versagen.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass der BBU generell die sofortige Stillegung aller Atomanlagen - weltweit - fordert.

Die Urenco lagert bereits jetzt abgereichertes Uranhexafluorid bei COVRA / Borssele. Die genauen Lagerkapazitäten in Almelo und Borssele werden in den ausgelegten Unterlagen nicht ausreichend dargestellt und begründet. Auch in ihrem Schreiben vom 15. März 2005 an den BBU bleibt offen, wo genau das abgereicherte Uranmaterial aus Almelo (bisher rund 60.000 Tonnen!) verbleibt. Für die Uranlagerung in Borssele ist ein eigenständiges Genehmigungsverfahren incl. Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Die für die Anlage beantragten strahlenschutzrelevanten Werte sind inakzeptabel und die vorgesehenen Strahlenschutzmaßnahmen sind unzureichend und stehen konträr zum Minimierungsgebot. Im Zusammenhang damit, aber auch isoliert betrachtet, wäre eine restriktive Begrenzung radioaktiver Ableitungen über Abluft und Abwasser, im Falle einer Genehmigung, erforderlich. Die von Urenco hierfür beantragten Werte sind inakzeptabel.

Soweit aus den ausgelegten Unterlagen erkennbar ist, sind Mängel bei den Einrichtungen für Abwässer und Brandschutz sowie bei der Löschmittelversorgung zu befürchten, die die Ableitungen bzw. mögliche Freisetzungen von Uranverbindungen erhöhen können. Die Abluft aus der Anlage wird vermutlich nur teilweise überwacht und außer den Behälter- oder Komponentenwänden existieren für die Uranlager gar keine und für Anreicherungsanlagenteile vermutlich nur im Störfall Rückhaltebarrieren für Freisetzungen.

Die in der Urananreicherungsanlage eingesetzten UF6-Behälter besitzen eine relativ geringe Widerstandsfähigkeit gegen mechanische und thermische Belastungen. Dies wird bei der Auslegung der Anlage nicht ausreichend berücksichtigt.

Die Auslegung der Anlagenteile zur Anreicherung und zur Lagerung gegen Einwirkungen von außen ist ebenfalls unzureichend. Insbesondere in Bezug auf Flugzeugabstürze sind ggf. große Auswirkungen mit Todesfällen in der Bevölkerung möglich. Dies geht aus den Unterlagen zur Erweiterung der UAA Gronau hervor. Die Behandlung in den Unterlagen wird dem nicht gerecht. Daher ist es auch nicht ausreichend, die Bevölkerung im Umkreis von 500 Metern persönlich über das Genehmigungsverfahren zu informieren. Der Radius müsste mindestens 5 km betragen.

Die Störfallanalyse für den Betrieb der Anreicherungsanlage und der Uranlager erscheint nicht nachvollziehbar und denkbare Störfälle durch Einwirkungen von innen und außen sind nicht berücksichtigt. Insbesondere wurde der Flugzeugabsturz völlig unzureichend betrachtet. Chemotoxische Belastungen müssen verstärkt beachtet werden. Darüber hinaus sind die Betrachtungen zur Ausbreitung von UF6 nicht ausreichend. Im Zusammenhang mit den Ausbauplänen wird vom BBU eine ausreichende Vorsorge gegen Kritikalitätsunfälle bezweifelt.

Das bei der Anreicherung anfallende abgereicherte Uran wird von der Antragstellerin als Wertstoff bezeichnet. Dies entspricht nicht den Realitäten. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist eine Weiterverwendung in der Atomenergieindustrie und auch in anderen Industriezweigen nicht absehbar. Die bisherigen Tails sind daher als Atomabfall zu deklarieren und entsprechend zu behandeln. Neue Tails dürfen nicht anfallen.

Eine Freigabe radioaktiver Materialien darf - wenn überhaupt - nur unter Berücksichtigung von weitgehenden, den Strahlenschutz gewährleistenden Auflagen, erfolgen.

Die von der Antragstellerin durchgeführte Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist unzureichend. Den ausgelegten Unterlagen ist keine Untersuchung zur Nullvariante und zu Vorhabensalternativen - mit Ausnahme des Einsatzes einer anderen Anreicherungstechnologie - zu entnehmen.

 

Zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung

Allgemeines

Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung wurde nicht ausreichend geprüft, ob das beantragte Vorhaben Schutzgüter unzulässig belastet. Hierzu hat die Antragstellerin eine Untersuchung vorzulegen.

In Bezug auf die Umweltverträglichkeit ist auch die Eignung und die Sinnhaftigkeit des Standortes für eine Anlage bzw. Anlagenteile zu bewerten. Der Betrieb der Urananreicherungsanlage ist bereits derzeit mit einer hohen Zahl von Transporten gefährlicher Güter (hauptsächlich UF6) verbunden.

Das UF6 wird mit natürlicher Anreicherung antransportiert und der größte Teil als angereichertes oder abgereichertes UF6 wieder abtransportiert. Nach einer Konversion in Frankreich (oder anderswo?) wird das abgereicherte Uran als U3O8 wieder antransportiert (nach Borssele). Darüber hinaus können die Uranverbindungen noch zur reinen Zwischenlagerung an- und wieder abtransportiert werden. Wird der Ausbau der Anlage in Almelo genehmigt, ist im Sinne der Umweltverträglichkeit festzulegen, welche Stoffe mit welchem Verkehrsträger (z. B. Bahn) an- und abzutransportieren sind.

Im Genehmigungsverfahren für die Anreicherungsanlage sind für die Umweltverträglichkeit nicht nur die radioaktiven Stoffe relevant, sondern auch die Auswirkungen anderer in der Anlage eingesetzter Stoffe. Hierzu enthalten die Unterlagen keine nachvollziehbaren Aussagen (z. B. FCKW).

 

Einwendungen

  1. Die Untersuchung der Antragstellerin zur Umweltverträglichkeitsprüfung ist unzureichend.
    Begründung:
    Die ausgelegten Unterlagen genügen nicht den Anforderungen an eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung.
  2. Der Standort ist ungeeignet.
    Begründung:
    Unter umweltrelevanten Gesichtspunkten und der Notwendigkeit der Vermeidung bzw. Minimierung von Auswirkungen ist der Standort ungeeignet. Das UF6 soll antransportiert, der größere Teil als UF6 wieder abtransportiert und als U3O8 wieder in die Niederlande antransportiert werden.
  3. Für den Fall der Genehmigung ist eine Festlegung für An- und Abtransporte hinsichtlich Verkehrsträger zu treffen.
    Begründung:
    Unter umweltrelevanten Gesichtspunkten (insbesondere auch möglichen Unfällen) ist eine Festlegung erforderlich, welche Transporte mit welchem Verkehrsträger (Straße/Schiene) zu erfolgen haben.
  4. Die Angaben zur Nutzung von Betriebs- und Hilfsstoffen sind zum Teil nicht nachvollziehbar.
    Begründung:
    Es kann nicht beurteilt werden, ob durch die Nutzung von Schadstoffen enthaltenden Betriebs- und Hilfsstoffen die Umwelt beeinträchtigt wird (z.B. ggf. die Ozonschicht durch Frigen).

 

Alternativenprüfungen

Die Errichtung und der Betrieb der beantragten Urananreicherungsanlage sowie der Zwischenlagerung in Borssele stellen eine Umweltbelastung dar. Bezüglich der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt, die einem Minimierungsgebot unterliegen, kann es je nach Standorten und Vorgehensweisen zu Unterschieden kommen. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung hätte daher geprüft werden müssen, ob das Bedürfnis zur Errichtung dieser Anlage die Eingriffe in die Umwelt rechtfertigt bzw. in der vorgesehenen Form am beantragten Ort umgesetzt werden kann. Daher sind Nullvariante und Standortalternativen bezüglich Anreicherungsanlage und Uranlager sowie Umgangsalternativen für die eingesetzten Stoffe zu prüfen.

Einwendungen

  1. Die Betrachtung von Vorhabensalternativen ist unvollständig.
    Begründung:
    Es fehlen zum Beispiel Betrachtungen zur Nullvariante, zu Standortalternativen und zu Umgangsalternativen für die erzeugten Stoffe.
  2. Eine Prüfung der Nullvariante der Erhöhung der Anreicherungskapazität führt zur Ablehnung des Antrages.
    Begründung:
    Für die Versorgung der Niederlande und der Europäischen Gemeinschaft mit angereichertem Uran ergeben sich bei Verzicht auf die Kapazitätserhöhung keine Probleme. Gleiches gilt auch weltweit.

Beurteilungsmaßstäbe

Es stimmt nicht, dass radiologische Einflüsse aus dem Betrieb der Anreicherungsanlage keine Einflüsse auf Menschen ausüben. Im Gegenteil ist nach Stand der Wissenschaft sogar davon auszugehen, dass Schädigungen auftreten (z. B. durch Niedrigstrahlung).

Die Umweltverträglichkeitsuntersuchung enthält keine auf die Schutzgüter Fauna und Flora bezogenen, erforderlichen Beurteilungsgrundlagen für die radioaktive Belastung.

Bei der Betrachtung der Auswirkungen des Anlagenbetriebes muß auch der Flugzeugabsturz ernsthaft berücksichtigt werden.

Im Genehmigungsverfahren muss eine Bewertung von Lücken im Kenntnisstand und Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben erfolgen. Ebensowenig wie für Fauna und Flora wird in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung die Eigenständigkeit für Grund- und Oberflächenwasser als Schutzgut erkennbar dargestellt.

Einwendungen

Die Bewertungsmaßstäbe für die Genehmigungsfähigkeit sind unvollständig.
Begründung:
Zum Beispiel werden die radiologischen Auswirkungen des Anlagenbetriebes und von Störfällen nur auf den Menschen bezogen. Andere Schutzgüter werden diesbezüglich nicht betrachtet.

Die Betrachtung zu Lücken im Kenntnisstand für die Durchführung der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist unzureichend und muss unter Berücksichtigung der Beurteilungskriterien für die Schutzgüter Wasser, Fauna und Flora im Hinblick auf Radioaktivität von der Antragstellerin neu vorgelegt werden.

Wir übernehmen an dieser Stelle Einsprüche gegen den Ausbau der UAA Gronau, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zum Ausbau auf 4500t UTA/a bisher vorgetragen worden sind, vgl. Wortprotokoll der Anhörung in Legden, Sommer 2003. Wir denken, daß Sie das Protokoll haben. Falls Sie das Protokoll nicht haben, informieren Sie uns bitte, dann schicken wir eine Kopie. Wir schließen uns auch den Bedenken an, die bei der Anhörung in Almelo am 19. August 2003 vorgetragen worden sind. Wir behalten uns vor, diesen Einspruch näher zu erläutern und zu ergänzen und beantragen kostenlos und laufend über den Stand des Verfahrens informiert zu werden. Wir kritisieren, daß wir im zurück liegendem Jahr nicht über den Stand der Dinge informiert worden sind.

Wir beantragen, daß eine mündliche Anhörung über alle Einsprüche für Einwender/innen aus Deutschland in Gronau, oder in Almelo, durchgeführt wird. Ein Erörterungstermin nach dem Ende der Einspruchsfrist wird vom niederländischem Recht nicht ausgeschlossen, dient der Sachdiskussion und entspricht dem Geist der niederländisch-deutschen Kernenergie-Kommission.

Weitere Aspekte:

  • Es bleibt unklar, bis zu welchem Prozentsatz das U-235 angereichert werden soll und wie die Kritikalität verhindert werden soll.
  • Es bleibt unklar, wo das Fluor nach einer Rekonversion im Ausland verbleibt.

 

Mit freundlichen Grüßen

Christine Ellermann,
BBU-Geschäftsführerin

Udo Buchholz,
Mitglied des Geschäftsführenden BBU-Vorstand